Rede Jürgen Berghahn (SPD) 112. Plenarsitzung /
Donnerstag, 22. Juni 2023
TOP 9 / 1. Lesung Regierungsentwurf:
„Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/1187 über die Straffung von Maßnahmen zur rascheren Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes“
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
wir debattieren heute einen Gesetzentwurf zur Genehmigungsbeschleunigung im Verkehrsbereich und zeigen damit einmal mehr, dass die Bundesregierung wie versprochen Tempo macht! Wir führen dabei die bereits beschlossenen Beschleunigungspakete des vergangenen Jahres fort.
Mit diesem Gesetz schafft die Bundesregierung bessere Voraussetzungen für eine moderne Verkehrsinfrastruktur, die den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch der Wirtschaft zugutekommt. Als starke Wirtschafts- und Exportnation ist Deutschland mehr denn je auf eine leistungsstarke Infrastruktur angewiesen! Mit den bisherigen Verfahren dauern Ausbau, Modernisierung und Sanierung leider viel zu lange; und das bei sämtlichen Verkehrsträgern.
Stau, veraltete Infrastruktur und gefrustete Menschen bzw. Unternehmen sind die Folge.
Deshalb gehen wir dieses Problem an und schaffen bessere Voraussetzungen!
In den letzten Monaten haben wir schon oft über Brücken geredet. Nicht nur, dass viele Brücken in einem schlechten Zustand sind. Wenn eine Brücke saniert oder ausgebaut werden soll, dauert das aktuell ganze 5 bis 18 Jahre! Da sind wir uns wohl alle einig, dass das viel zu lang ist und unseren Ansprüchen nicht genügt. Deshalb soll mit dem vorliegenden Gesetzentwurf für Brücken, die während einer notwendigen Sanierung direkt erweitert werden, um die künftige Verkehrsentwicklung bewältigen zu können, die Genehmigungspflicht entfallen.
Allein diese Maßnahme wird die Planungs- und Genehmigungszeit halbieren!
Des Weiteren können Engpassprojekte bereits bestehender Autobahnabschnitte mit Beteiligung der Länder als im „überragenden öffentlichen Interesse“ festgeschrieben und deutlich zügiger umgesetzt werden.
Bei sämtlichen Projekten werden wir verstärkt auf digitale Möglichkeiten setzen. Von der Antragstellung bis zur Genehmigung wird das gesamte Verfahren online möglich sein. Und auch der endgültige Bau wird zunehmend digital unterstützt.
Ich möchte noch zu den Wasserstraßen kommen. Als SPD fordern wir, dass auch Wasserstraßenprojekte mit ins Gesetz aufgenommen und im „überragenden öffentlichen Interesse“ festgeschrieben werden können. Als Beispiel sei die Abladeoptimierung der Fahrrinnen am Mittelrhein genannt. Dieses Projekt hat mit 30,7 einen der höchsten Nutzen-Kosten-Verhältnisse des gesamten Bundesverkehrswegeplans und könnte mit verhältnismäßig kleinen Maßnahmen zügig umgesetzt werden. Genauso können wir auch in Erwägung ziehen, ob wir bei Ersatz und Sanierung bestehender Schleusen wie bei den Brücken auf die Umweltverträglichkeitsprüfung und Planfeststellung verzichten können. Dies würde zum einen eine grundsätzliche Gleichbehandlung bedeuten und zum anderen, dass auch in dem Bereich wichtige Projekte noch zügiger vorangebracht werden.
Bei aller Beschleunigung darf jedoch ein Punkt nicht übersehen werden: wir müssen die notwendigen Maßnahmen nicht nur für, sondern auch mit den Bürgerinnen und Bürgern umsetzen. Im Koalitionsvertrag steht: „Für die notwendigen Veränderungsprozesse werben wir für Akzeptanz und werden unsere Ziele dialogorientiert umsetzen und die Maßnahmen regelmäßig überprüfen.“ Das bedeutet nicht, dass immer alle mit den Ergebnissen zufrieden sein werden! Es bedeutet aber, dass alle Beteiligten in einen ernsthaften Dialog gehen und den bestmöglichen Kompromiss finden! Auf diesen Punkt haben am 15. Juni auch die beiden SPD-Landesgruppen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen/Bremen mit einem gemeinsamen Beschluss hingewiesen.
Hintergrund sind die hochumstrittenen Bahnprojekte Hannover-Bielefeld und Hannover-Hamburg.
Die 76 Abgeordneten weisen darauf hin, dass sie selbstverständlich für den Ausbau der Schiene sind – wenn es dazu einen ernsthaften Dialog gibt, gefundene Kompromisse eingehalten werden und die Projekte der zeitnahen Verkehrswende dienen.
Wenn zum Beispiel jahrelang von maximal 250 km/h die Rede ist und dann plötzlich eine 300 km/h-Strecke mit Betonbett ins Spiel gebracht wird oder bereits einvernehmlich gefundene Trassenvarianten wieder verworfen werden, nützt das letztlich keinem – auch nicht der Bahn.
Wir dürfen uns dann nicht wundern, wenn die Bürgerinnen und Bürger auf die Barrikaden gehen und das Vertrauen in die Politik verlieren. Zumal viele der angedachten Projekte frühestens 2045 oder später realisiert werden können und uns für die dringend notwendige Verkehrswende entsprechend wenig nützen.
Deshalb sage ich: das Gesetz schafft gute und dringend notwendige Voraussetzungen, um Verkehrsprojekte zu beschleunigen! Ich sage aber auch, dass es teilweise noch Verbesserungsbedarf gibt!
Wenn wir wie im Koalitionsvertrag beschrieben dialogorientiert zusammenarbeiten, werden wir im Spätsommer ein richtig gutes Genehmigungsbeschleunigungsgesetz verabschieden können!
Vielen Dank!